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Viele Kommunen wollen mit der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme die Baulandpreise beeinflussen. Damit beschäftigte sich jüngst auch eine wissenschaftliche Tagung in Frankfurt am Main.
Schwierige Zeiten drohen Grundstücksbesitzern, deren Grund sich am Rand einer Großstadt oder in einer größeren Baulücke befindet. Denn verschiedene Anzeichen deuten darauf hin, dass kommunale Verwaltungen künftig eher bereit sind, planungsrechtlich alle Möglichkeiten auszureizen, um Bauland zu mobilisieren und zugleich die Preise dafür zu begrenzen.
Als Instrument dient ihnen dabei die sogenannte städtebauliche Entwicklungsmaßnahme, die den Verwaltungen mehrere Handlungsmöglichkeiten bietet. Beispielsweise haben die Verwaltungen die Möglichkeit, den Preis des Bodens auf jenem Niveau einzufrieren, auf dem es sich befand, bevor die Flächenentwicklung begonnen hat. Das bedeutet: Die Grundbesitzer erhalten dann für Bauland lediglich so viel wie für Äcker und Wiesen, die landwirtschaftlich genutzt werden. Im Extremfall können die Besitzer sogar enteignen. Dazu sagt Mike Josef, Stadtplanungsdezernent in Frankfurt: „Wir müssen zwar erst prüfen, ob andere, weniger weitreichende Maßnahmen sinnvoll sind, wir können und dürfen aber nicht auf dieses Instrument verzichten.“ Ähnlich sieht es Joachim Sichter, der in der Bundeshauptstadt in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung tätig ist: Die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme sei „das Mittel der Wahl für Kommunen unter Wachstumsdruck“.
Der größte Vorteil für Projektentwickler in der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme besteht darin, dass sie das Bauland zu günstigeren Preisen bekommen. Jedoch gibt es auch einige Einschränkungen: Die günstigen Preise koppeln viele Kommunen mit strikteren Vorgaben zur Art der Bebauung. Für Kommunen ist es nach der Meinung von Mike Josef nahezu zwingend, dass die betreffenden Flächen nicht an Höchstbieter vermarktet werden. Stattdessen soll es Konzeptvorgaben sowie städtebauliche Verträge geben, damit der Umweltschutz entsprechend berücksichtigt wird und günstiger Wohnraum entsteht.
Nach einer Erhebung, die das Deutsche Institut für Urbanistik 2017 durchgeführt hatte, wurde in 17 deutschen Städten an insgesamt 28 städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen gearbeitet. Matthias Metzmacher, ein Vertreter des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, kommentierte das mit den Worten: „Es gibt Anzeichen, dass einige Kommunen dieses Instrument neu prüfen.“ Allerdings ist nicht bekannt, ob diese Maßnahme letztlich angewandt wird oder andere Planungswerkzeuge genutzt werden. An der genannten Tagung an der Frankfurter Universität nahmen etwa 160 Besucher teil, größtenteils Abgesandte aus verschiedenen Stadtverwaltungen.
Praktiker und Wissenschaftler malten dabei allerdings ein zwiespältiges Bild von der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme. „Sie ermöglicht eine hohe städtebauliche Qualität, insbesondere bei Grünflächen und sozialer Infrastruktur, eine große Flexibilität bei der Planung und sollte genutzt werden, um eine große Dichte mit mehr als 200 Einwohnern je Hektar umzusetzen“, sagte Michael Peterek, ein Vertreter der University of Applied Science in Frankfurt. Arno Buzel vom Deutschen Institut für Urbanistik schränkte jedoch ein: „Eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme ist aber nur zulässig, wenn die Ziele anders nicht zu erreichen sind, beispielsweise durch einen städtebaulichen Vertrag, oder wenn Eigentümer absolut nicht verkaufsbereit sind.“ Er geht allerdings davon aus, dass die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme künftig bei der Entwicklung von Gewerbeflächen, die knapper werden, öfter genutzt wird.
Laut Arno Bunzel gibt es aber auch einige Fallstricke. Beispielsweise fehle es häufig am politischen Willen, diesen Weg einzuschlagen, der bei Grundstückseigentümern äußerst unpopulär ist. Weil das Instrument einen starken Eingriff in die Rechte der Pächter und Eigentümer darstelle, müsse die öffentliche Kommunikation intensiv und transparent erfolgen. Ferner handelt es sich bei der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme um ein äußerst personal- und kostenintensives Instrument. „Das kann nur funktionieren, wenn es in einer Verwaltung absolut priorisiert wird“, ist Friedhelm Flug von der Hessen Agentur überzeugt. Diese hat mit Hilfe der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme den Riedberg in Frankfurt entwickelt. Selbst bei intensiver Arbeit würde das Verfahren häufig lange dauern, bei einigen Projekten in Berlin hatte sich die Maßnahme über mehr als zwei Jahrzehnte hingezogen. Bunzel warnte deshalb: „Damit ist die Gefahr verbunden, dass man mit den fertigen Grundstücken in eine Marktphase hineinkommt, in der keine Nachfrage vorhanden ist.“ Von der Wirksamkeit dieses Instruments ist er allerdings überzeugt. Er meinte: „Wir sollten darüber nachdenken, ob man die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme zum Regel- statt zum Ausnahmefall der Flächenentwicklung macht.“ Gelungene Beispiele seien der frühere Güterbahnhof in Berlin-Köpenick, der Frankfurter Riedberg, der Deutzer Hafen in Köln sowie ein Projekt in München-Feldmoching.
In der Politik wird bereits seit einigen Jahren über die Innenentwicklungsmaßnahme, die bei kleineren innerstädtischen Flächen greifen soll, diskutiert. Es ist allerdings noch nicht klar, ob und wann die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden.
Eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme dürfen Kommunen nur in Fällen starten, wo sie eine herausragende Bedeutung für die künftige Entwicklung der Stadt hat. Etwa, wenn ein Mangel an Arbeitsstätten oder Wohnraum abgestellt werden soll. Zunächst müssen die kommunalen Gremien eine Voruntersuchung durchführen. Ab dann werden die Bodenpreise im betreffenden Gebiet eingefroren. Dadurch soll einerseits der Kauf der Flächen erleichtert werden, andererseits soll die Gefahr von Spekulationen eingedämmt werden. Ansonsten würden die Preise sprunghaft steigen, weil aus landwirtschaftlichen Flächen wertvolles Bauland wird.
Angerechnet wird beim späteren Verkauf lediglich die allgemeine Preissteigerung für die jeweilige Bodenkategorie. In der eigentlichen städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme wird das Gelände durch die Kommunen oder einen beauftragten Maßnahmenträger überplant. Bei diesen Maßnahmeträgern handelt es sich in den meisten Fällen um öffentliche Grundstücksgesellschaften. Zudem bekommt die Kommune das Vorkaufsrecht, ferner können bauliche Veränderungen auf dem Areal weitgehend untersagt werden. Möglich ist sogar die Enteignung der Flächen, was allerdings nur in seltenen Fällen geschieht. Größtenteils verkaufen die Eigentümer angesichts der eingefrorenen Preise aber ihre Flächen an die Kommune oder den Maßnahmenträger oder fügen sich selbst in die Planung mit ein. Schließlich werden die nunmehr mit Baurecht versehenen Flächen parzelliert und an Entwickler verkauft. Der Verkehrswert, der von den Kommunen angesetzt wird, liegt meist unter dem Preis, den der Verkauf an den Höchstbietenden erbringen würde. Werden dennoch Wertsteigerungen erzielt, werden diese für die Erschließung, das Anlegen von Grünanlagen und sonstige öffentliche Einrichtungen finanziert. Sollte noch ein Gewinn verbleiben, muss dieser an die ursprünglichen Besitzer ausgezahlt werden.
März 2018
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