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Stehen viele Bauunternehmer vor der Insolvenz?

Seit mehr als zehn Jahren erlebt die Baubranche einen Boom sondergleichen, der von der Corona-Pandemie sogar noch beflügelt wurde. Trotzdem ist die Branche massiv am Schlingern. Zu schaffen machen vor allem Materialengpässe, Lieferschwierigkeiten und Preisanstiege in einem noch nie gekannten Ausmaß. Das und weitere Faktoren wie der dramatische Mangel an Fachkräfte machen eine solide Kalkulation unmöglich und eine Planung fast schon zum Glücksspiel. Mehrkosten für Bauherren, wie auch für Bauträger, sich hinziehende Zeiträume bis Fertigstellung bringen vielfältige Probleme mit sich. Für den ein oder anderen kann dies sogar bis zu einer Insolvenz führen.

Wie stark sind die Preise gestiegen?

Wie Statista ermittelt hat, lagen die Preise für Wohngebäude im Februar 2022 um 14,3 Prozent höher als im Vorjahr. Bei Bürogebäude und gewerblichen Betriebsgebäuden haben sich die Preise sogar um 15,3 Prozent verteuert, im Straßenbau immerhin noch um 9,8 Prozent. Und genau das macht den Bauunternehmen zu schaffen. Denn in der Vergangenheit habe es in Jahren mit großer Bautätigkeit in aller Regel zu Jahresbeginn eine Preiserhöhung bei den Materialien in Höhe von drei bis fünf Prozent gegeben. Doch mittlerweile erhöhen sich die Materialpreise auf einen Schlag um 20 Prozent und mehr – und das mehrmals pro Jahr. Von Februar bis Mai 2022 erhöhten sich die Baupreise nochmals um 6,6%.

Die Material- und Lieferengpässe wirken sich aber nicht nur finanziell aus. Denn für Lieferungen bestimmter Materialien liegt die Lieferzeit inzwischen bei bis zu sieben Wochen. Für die Bauunternehmen bedeutet das: Bauvorhaben, die bereits begonnen haben, sind immer schwieriger umzusetzen.

Warum ist das Material knapp?

Der Mangel an Baumaterial hat mehrere Gründe: Zum einen spüren die Bauunternehmen noch die Folgen der Corona-Pandemie. Denn durch diese Krise wurden die Lieferketten massiv gestört, sodass ein reibungsloser Nachschub nicht mehr gewährleistet werden konnte. Zum anderen wirkt sich aber auch der Ukraine-Krieg massiv auf die Bauwirtschaft in Deutschland aus. Denn sowohl Russland als auch die Ukraine fallen als Lieferanten für Baustahl aus. Und auch Bitumen ist knapp, so das Münchner Info-Institut. Eine indirekte Folge des Ukraine-Krieges sind die massiv gestiegenen Preise für Öl und Gas. Dadurch verteuert sich Baumaterial, das energieintensiv hergestellt wird, massiv.

So wirken sich die Engpässe auf Baufirmen aus

Weil Bauunternehmer trotz voller Auftragsbücher immer öfter Bauvorhaben, die sie bereits begonnen haben, unterbrechen müssen, kommt es zum Bauverzug. Mangels Material müssen sie unter Umständen in Kurzarbeit gehen oder sogar Mitarbeiter entlassen. Noch dramatischer ist die Situation für Bauträger. Sie stehen aktuell vor dem selben Problem wie die Hersteller von Fertighäusern ein Jahr zuvor: Bestehende Verträge können sie nur noch erfüllen, wenn sie hohe Verluste in Kauf nehmen. Sie bieten ihren Kunden deshalb teilweise hohe Abfindungen an, um aus dem Vertrag entlassen zu werden, weil sie das immer noch billiger kommt. Es ist durchaus möglich, dass die ein oder andere Bauträgerfirma daher Insolvenz anmelden muss.

Preisgleitklausel und die VOB

Viele Baufirmen versuchen nun auch mit Preisgleitklauseln zu arbeiten. Denn die derzeitige Situation ist kaum mehr plan- und kalkulierbar.

Denn in § 7 Abs. 1, Nr. der VOB/A steht: Dem Auftragnehmer darf kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann.

Bei laufenden Verträgen ist es schwierig und ohne juristischen Rat nicht zu empfehlen gleich vor Gericht zu ziehen. Der Bauträger bzw. die Baufirma ist sicherlich gut beraten zunächst das Gespräch mit dem Bauherrn zu suchen, bzw. sich Rat bei seiner Handwerkskammer zu holen. Denn eins ist klar: für viele Bauunternehmen und Handwerker ist die Situation ein Wegfall der Geschäftsgrundlage, bzw. der mögliche Beginn vom Ende.

Juli 2022


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