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Entscheidung des BGH (AZ: VIII ZR 161/14): Über die Verkehrssicherungspflicht bzgl. des Trinkwassers im Rahmen der Trinkwasserordnung
Trinkwasser gilt in Deutschland als das am besten überwachte und somit sauberste Lebensmittel. Trotzdem gab es in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer wieder Skandale, die durch mit Giftstoffen verseuchtes Trinkwasser ausgelöst wurden. Die Gründe für eine Kontamination des Trinkwassers können vielfältig sein: Veraltete und verschmutzte Leitungen, Einflüsse des Wetters (z. B. Extremtemperaturen im Sommer), Sabotage und vieles mehr. Fakt ist: Durch verschmutztes Trinkwasser können innerhalb kürzester Zeit viele Tausend Menschen in Gefahr gebracht werden. Daher sollte das Wasser regelmäßig auf seine Qualität untersucht werden.
Mieter haben leider nur wenig Einfluss auf die Qualität des Trinkwassers, das sie benutzen. Sie kennen in der Regel nicht die genauen Hintergründe zum Bau des Gebäudes, in dem sie leben. Sie wissen nicht, wie alt die Leitungen sind, wie diese gepflegt wurden und werden usw. Daher müssen sich Mieter auf die Aussagen ihres Vermieters verlassen können, wenn es um das Trinkwasser geht.
Genau so sehen das übrigens die Gerichte auch. Und nicht nur die, sondern auch der BGH (Bundesgerichtshof). Die obersten Richter in Deutschland stellten kürzlich fest, dass dem Vermieter eine allgemeine Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des Trinkwassers seiner Mieter obliegt. Und das nicht nur nach der Trinkwasserverordnung in ihrer aktuellen Form (seit 1. November 2011 in Kraft), sondern auch in Fällen, die sich bereits vor dieser Zeit ereignet haben.
Dem hier gesprochenen Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Jahr 2008 erkrankte ein Mieter an einer Lungenentzündung, die – wie im Nachhinein festgestellt wurde – durch eine bestimmte Bakterienart hervorgerufen wurde. In Tests stellte sich heraus, dass es sich bei diesen Bakterien um Legionellen handelte. Ein eingeschalteter Sachverständiger konnte herausfinden, dass die Kontamination mit Legionellen offensichtlich durch das Trinkwasser im Haus hervorgerufen wurde. Hier stellte man eine extreme Erhöhung der Keimzahlen fest.
Im weiteren Verlauf des Falls verstarb der Erkrankte, er konnte sich von der Lungenentzündung nichts mehr vollständig erholen. Seine Tochter, die Alleinerbin, begehrte schließlich Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 23.000 Euro vom Vermieter des Vaters, da dieser ihrer Meinung nach seine Pflicht zur bestimmungsgemäßen und regelmäßigen Kontrolle des Trinkwassers im Haus verletzt habe. Die Erkrankung, welche ihren Vater letztendlich das Leben gekostet hatte, führte sie auf diesen Missstand zurück.
Die Klage der Tochter wurde in allen Vorinstanzen, d. h. am Amts- und Landgericht, jeweils abgewiesen, woraufhin die Klägerin in Berufung ging. Die einhellige Begründung: Es besteht eine rechtliche Verpflichtung zur Prüfung des Trinkwassers auf Legionellen erst seit der Änderung der Trinkwasserverordnung, welche zum 1. November 2011 in Kraft trat. Die Erkrankung des Vaters der Klägerin wurde allerdings bereits im Jahr 2008 diagnostiziert. Daher könne laut Meinung der Richter in den Vorinstanzen dem Vermieter keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden. Zudem sei nicht zweifelsfrei klar, ob die Legionellen-Erkrankung des Verstorbenen tatsächlich auf das kontaminierte Trinkwasser zurückzuführen ist.
Die Richter am BHG sahen dies etwas anders. Sie hoben das Berufungsurteil des Landgerichts auf und verwiesen es zur erneuten Entscheidung dorthin zurück. Begründung: Auch ohne dass eine gesetzliche Regelung für die Kontrolle des Trinkwassers durch den Vermieter gültig sei, komme eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Vermieter infrage. Hinzu komme, dass an die Annahme, die Legionellen-Erkrankung des Verstorbenen sei auf die Kontamination des Trinkwassers zurückzuführen, kein zu hoher Maßstab bzgl. der erforderlichen richterlichen Gewissheit angelegt werden dürfe.
Der Fall muss somit vor dem zuständigen Landgericht neu verhandelt werden.
Meinung des Vereins „Haus & Grund“ zu diesem Fall:
Vermietern kann – unabhängig wie das Landgericht in der Revision entscheiden wird – nur angeraten werden, ihrer Sorgfaltspflicht nachzukommen und das Trinkwasser im Mietobjekt regelmäßig zu kontrollieren. Andernfalls drohen erhebliche Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche durch die betroffenen Mieter oder deren Erben. Durch die Entscheidung des BGH werden die rechtlichen Voraussetzungen zur Beweisführung der geschädigten Mieter ganz klar gesenkt. Somit ist damit zu rechnen, dass das zuständige Landgericht in seinem abschließenden Urteil den Vermieter zur Zahlung von Schadenersatz sowie Schmerzensgeld verurteilen wird.
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